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Tag der Menschenrechte

Die Menschenwürde darf nicht angetastet, der Rechtsstaat nicht entkernt werden

Andreas LipschHotspot in Porto Empedocle bei Agrigento. Sizilien, die südliche Außengrenze der EU, ist Ankunftsort von Migrant:innen auf dem Seeweg und ein Testgebiet für die Umsetzung der neuen europäischen Asyl- und Migrationspolitik.

Am Tag der Menschenrechte machen evangelische Kirchen und Flüchtlingsorganisationen auf die oftmals katastrophale Situation von Geflüchteten an den EU-Außengrenzen aufmerksam. Die EKHN beteiligt sich aus diesem Grund an einem Monitoring-Projekt auf Sizilien, das die aktuellen Entwicklungen an den Außengrenzen kritisch beobachten soll.

Zurzeit entstehen an den EU-Außengrenzen Haftlager für ankommende Flüchtlinge. Das sind erste Wirkungen der neuen Regelungen des „Gemeinsamen Europäischen Asylsystems“ (GEAS), die bis 2026 überall in der EU umgesetzt sein sollen. In Italien werden Menschen in solchen Lagern inhaftiert, die laut italienischer Regierung aus sogenannten „sicheren Herkunftsländern“ kommen. Sie durchlaufen dort verkürzte Asylverfahren. Auch in Albanien hat die italienische Regierung zwei Lager für solche Spezialverfahren errichtet.

Rechtsstaatliche Prinzipien drohen unter die Räder zu kommen

Kirchen und andere Flüchtlingsorganisationen fürchten, dass dort Menschenwürde, Menschenrechte und rechtsstaatliche Prinzipien unter die Räder kommen. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau beteiligt sich darum an einem Monitoring-Projekt auf Sizilien, das die aktuellen Entwicklungen an den Außengrenzen kritisch beobachten soll.

Italienische Gerichte haben kürzlich der Regierung widersprochen. Die als „sicher“ eingestuften Herkunftsländer seien nicht wirklich sicher, sie böten weder für alle Menschen noch im gesamten Staatsgebiet die Sicherheit, die bei einer Rückkehr gewährleistet sein muss. Diese Anforderung wurde in einer Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes vom 4.10.24 ausdrücklich betont: Wenn ein Land für eine Gruppe nicht sicher ist – in Tunesien bspw. für die LGBTQIA+-Gemeinschaft – dann darf das Land als Ganzes nicht als sicher angesehen werden. Damit können Länder wie Tunesien, Ägypten und Bangladesch, aus denen zurzeit die meisten Geflüchteten in Italien kommen, nicht einfach zu „sicheren Herkunftsstaaten“ erklärt werden.

Sogenannte „sichere Herkunftsstaaten“ sind nicht sicher

„Wir sind froh, dass die Gerichte in Italien und der Europäische Gerichtshof der willkürlichen Einstufung von Ländern als sicher widersprochen haben“, sagt Andreas Lipsch, Interkultureller Beauftragter der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau und Leiter des Arbeitsbereiches Flucht, interkulturelle Arbeit, Migration (FiAM) der evangelischen Kirchen und der Diakonie Hessen. Besorgt sei man jedoch, dass die Richter und Richterinnen jetzt unter massiven politischen und öffentlichen Druck gesetzt würden.

Der Leiter des Zentrums Oekumene der EKHN und der EKKW, Detlev Knoche, betont: „Gemeinsam mit Partnern in Italien und Deutschland werden wir die Umsetzung der neuen europäischen Asylregeln genau beobachten. Die Menschenwürde zu achten und zu schützen ist Aufgabe aller staatlichen Gewalt, heißt es nicht von ungefähr im 1. Artikel unseres Grundgesetzes.“

Das Monitoring-Projekt „Inhaftierung, Illegalisierung und die sogenannte GEAS-Reform in Süditalien – Überblick über die Situation von Menschen auf der Flucht im Lichte des Europäischen Migrationspakts“ startete im September 2024. Es wird von den Organisationen borderline-europe und Maldusa, geleitet von der Forschungsgesellschaft Flucht und Migration, durchgeführt und unterstützt von der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKIR), LeaveNoOneBehind und Pro Asyl.

Ein ausführlicher Bericht zur Lage wurde Ende November auf Englisch und am 5. Dezember 2024 auf Deutsch veröffentlicht.

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