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Projektwoche

Die verschiedenen Gesichter der Diskriminierung

Dekanat Vorderer Odenwald"Enjoy difference" (genieße den Unterschied) ist eines der Lieblingsbilder der Berliner Comic-Zeichnerin Tuffix.

Bei der Projektwoche zum Thema „Hey, was guckst du?!“ an der Georg-August Zinn-Schule in Reichelsheim kooperieren verschiedene Institutionen: Evangelisches Dekanat Vorderer Odenwald, der Deutsche Koordinierungsrat der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit, die Türkisch Islamische Gemeinde Dieburg und die Schule. Am Mittwoch war die Berliner Comic-Zeichnerin Tuffix zu Gast.

Bildergalerie

Martin Schmidl/GAZSoufeina Hamed alias Tuffix

Beispiele für Diskriminierung und Rassismus im Alltag gibt es viele: Da ist der junge Mann, über den seine Chefin sagt, er trage zwar Bart, sei aber kein Terrorist. Oder die junge Frau, die im Zug in der ersten Klasse sitzt und von einem Mann angesprochen wird, sie sei wohl im falschen Abteil. Beide sind in Deutschland geboren und haben Eltern, die aus einem anderen Land kommen. „Die Grenze ist da, wo man jemanden in eine Schublade steckt“, sagt Kirsten Gebhard-Albrecht, Leiterin der Georg-August-Zinn-Schule in Reichelsheim. Margit Binz, Pfarrerin für Ökumene und interreligiösen Dialog beim Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald, sagte: „Rassismus ist kein schönes Thema, es ist vielen zu heiß.“

In der Georg-August-Zinn-Schule wurde am Mittwochabend die Ausstellung „EbenSo“ der Berliner Comic-Zeichnerin Soufeina Hamed alias Tuffix eröffnet. „Es ist ein Glück, dass wir sie heute Abend hier haben dürfen“, sagte die muslimische Theologin Fatma Umut von der Türkisch Islamischen Gemeinde Dieburg. Soufeina Hamed ist Psychologin mit dem Schwerpunkt interkulturelle Psychologie. Ihr Vater ist Tunesier, ihre Mutter Deutsche. Sie ist Muslima und lebt in Berlin.

Viele Comics sind autobiografisch

Sie habe schon immer gezeichnet, sagte Soufeina Hamed. 2017 habe sie sich entschlossen, hauptberuflich als Comic-Zeichnerin und Illustratorin zu arbeiten. Manche ihrer Bilder sind Remakes berühmter Frauenporträts wie zum Beispiel „Das Mädchen mit dem Perlenohrring“ oder die „Mona Lisa“ – nur eben mit Kopftuch. Viele ihrer Comics sind autobiografisch und schildern Situationen, wie es einer jungen Frau mit Kopftuch ergeht. Ihr erstes Comic habe sie „aus Frust“ im Internet hochgeladen, erzählte Soufeina Hamed. Es zeigt eine ältere Frau, die in der U-Bahn neben einer jungen Frau mit Kopftuch steht, diese anstarrt und „Oh, mein Gott“ denkt. Das zweite Bild zeigt, wie sich die junge Frau dabei fühlt, so angestarrt zu werden – wie ein Alien.

Kleine Momente der Solidarität

Soufeina Hamed ist oft in den Medien präsent und nutzt diese als Plattform für ihre Botschaften. Sie hat unter anderem die Wanderausstellung der Bundeszentrale für politische Bildung „Was glaubst du denn?! – Muslime in Deutschland“ mitkonzipiert. Sie gibt Comic-Workshops – so auch an der GAZ – und ist häufig an Schulen oder bei Veranstaltungen zu Gast. Comics sind für sie ein Mittel, um Rassismus und Vorurteilen mit Humor zu begegnen, aber auch positive Botschaften zu transportieren. Wie dieser „kleine Moment der Solidarität“: Ein Mädchen geht nach den Ferien zum ersten Mal mit Kopftuch in die Schule. Der Lehrer bittet sie nach dem Unterricht zu sich und sagt, dass sie zu ihm kommen solle, wenn sie Probleme bekomme.

Wo Worte schnell heikel und missverständlich werden können, falle es ihr leichter, ihre Gefühle in den Zeichnungen zum Ausdruck zu bringen. Beim Zeichnen verarbeite sie ihre Emotionen, sagt Soufeina Hamed. Und an den Rückmeldungen spüre sie, dass sie etwas ausdrücke, was auch viele andere beschäftige. Geteiltes Leid sei halbes Leid, sagt sie mit Blick auf den Mord am Regierungspräsidenten Walter Lübcke und auf die Morde in Hanau in der vergangenen Woche. Sie wolle mit ihren Comics stärken und nicht nur Rassismus, sondern auch Möglichkeiten der Solidarität zeigen.

Ihre Comics drückten „Herzensbildung“ aus, sagte Maria Coors vom Koordinierungsrat der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Musikalisch begleitet wurde der Abend von der Schulband. Die Gäste, darunter Dekan Joachim Meyer vom Evangelischen Dekanat Vorderer Odenwald, Aristide Sambou vom Diakonischen Werk Odenwald, Annemarie Knichel vom Runden Tisch für internationale Verständigung in Reichelsheim, die Gleichstellungsbeauftragte des Odenwaldkreises, Petra Karg, sowie Vertreter des Bündnisses „Odenwald gegen Rechts“, waren begeistert. „Super Ausstellung“, lobte eine Frau, „Daumen hoch!“, fand eine andere.

Wie es weitergeht
Die Ausstellung von Tuffix ist im Zuge der Projektwoche vom 26. bis 28. Februar unter dem Titel: „Hey, was guckst Du? Diskriminierung und Respekt im Alltag“ im Foyer der Georg August-Zinn-Schule zu sehen. Für die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe gab es außerdem einen Comic-Workshop mit Tuffix, in dem sie eigene Erlebnisse zu Papier bringen konnten. Der Workshop wurde am zweiten Tag von der Fachschaft Kunst weitergeführt und endet mit einem „Aktionstraining Mund aufmachen: Wie man Diskriminierung begegnen kann“ und der öffentlichen Präsentation der Workshop-Ergebnisse am Freitag, 28. Februar. An diesem Tag gibt es um 12.30 Uhr einen interreligiösen Impuls. Die muslimische Theologin Fatma Umut, Petra Kunik von der jüdischen Gemeinde Frankfurt und der Schulpfarrer Dieter Keim kommen zum Thema: „Tu deinen Mund auf für die Anderen“ miteinander ins Gespräch. Die Moderation hat Maria Coors vom Koordinierungsrat der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit. Von 12.30 bis 16 Uhr werden dann die Workshop-Ergebnisse präsentiert. Die Veranstaltungen sind öffentlich.

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