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75 Jahre EKHN

Hessen-Nassau feiert Jubiläum: 75 Jahre vereint im Ringen um Positionen

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Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau wird 75 Jahre alt. Doch für was stehen die siebeneinhalb Jahrzehnte Tradition? Und was wird am Gründungsort Friedberg gefeiert?

Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) wird in dieser Woche 75 Jahre alt. In den Nachkriegswirren trafen sich am 30. September 1947 Delegierte aus den Regionen Hessen, Nassau und Frankfurt zu einem „Landeskirchentag“ in Friedberg. Es entstand die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau. Ihre Besonderheit: Nach den ernüchternden Erfahrungen unter der Nazi-Herrschaft sollte kein Bischof mehr alleine die Leitung übernehmen. Stattdessen sollte ein Kirchenpräsident gemeinsam mit anderen im Geiste eines „kollektiven Bischofsamts“ Entscheidungen treffen. Erster Kirchenpräsident wurde der NS-Widerstandskämpfer, U-Boot-Kommandeur und spätere Pazifist Martin Niemöller.

Festprogramm am 1. Oktober in Friedberg

Am Samstag feiert nun die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau ihr 75-jähriges Bestehen an ihrem Gründungsort Friedberg. Der Jubiläumstag beginnt um 11 Uhr mit einem großen Gottesdienst in der Friedberger Stadtkirche. Hessen-Nassaus Kirchenpräsident Volker Jung sowie die Präses der Kirchensynode, Birgit Pfeiffer, werden unter anderem die Feier gestalten. Für Musik sorgen Friedbergs Kantor Ulrich Seeger, der evangelische Liedermacher Eugen Eckert, die Friedberger Kantorei, der Posaunenchor Butzbach und viele weitere Beteiligte unter anderem aus Indien und Tansania.

Viel Kirchenprominenz erwartet

Erwartet werden Gäste aus Politik, Gesellschaft und der weltweiten Ökumene. Glückwünsche zum Jubiläum wollen der Bischof des Bistums Mainz, Peter Kohlgraf, und die Bischöfin der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW), Beate Hofmann, überbringen. Darüber hinaus haben unter anderem die Bischöfin der Evangelischen Kirche in Baden, Heike Springhart, die pfälzische Kirchenpräsidentin Dorothee Wüst und die Kirchenpräsidentin der Evangelisch-Reformierten Kirche, Susanne Bei der Wieden, ihr Kommen zugesagt. 

Jubiläumsgottesdienst wird live gestreamt

Der Jubiläumsgottesdienst aus der Stadtkirche wird auch live im Internet auf der Internetseite der hessen-nassauischen Kirche gezeigt: www.ekhn.de. Eine vorherige Anmeldung für den Festgottesdienst in der Stadtkirche selbst wird wegen der begrenzen Platzmöglichkeiten empfohlen unter: www.ekhn.de/Anmeldung

Festnachmittag in der Stadthalle Friedberg

Danach beginnt in der Friedberger Stadthalle ab 14 Uhr ein Festnachmittag, bei dem sich Hessen-Nassaus Kirchenregionen präsentieren. In einem fast 20 Auftritte umfassenden Programm mit dem Moderatoren-Duo Simone Kienast (HR) und Linus Kraus (SWR) stehen unter anderem der evangelische Liedermacher Clemens Bittlinger aus dem Odenwald oder die Band Shineaway aus dem Vordertaunus auf der Bühne. Dabei soll es auch viel Inhaltsreiches zu Aktuellem in Kirche und Gesellschaft geben. Das Motto des Nachmittags: „Erzähl mir mehr!“. Rund 600 Gäste aus dem ganzen Kirchengebiet werden dazu in Friedberg erwartet.

Erzähl-Konzert über Niemöller am Abend

Den Tag in Friedberg schließt ein Erzähl-Konzert des christlichen Liedermachers Siegfried Fietz über den ersten hessen-nassauischen Kirchenpräsidenten Martin Niemöller (1892-1984) ab. Niemöller wandelte sich vom U-Boot-Kommandanten zum Kirchenpräsidenten. Motto des musikalischen Portraits: „Welch ein Leben!“ Am Original-Gründungsort der EKHN, der Friedberger Burgkirche, tritt Fietz am 1. Oktober um 19 Uhr auf. Besucherinnen und Besucher können sich dort in einer Ausstellung auch über die bewegte Geschichte Hessen-Nassaus informieren. In einer Installation wird dort auch die erste Synodentagung rekonstruiert. Auch hier ist der Eintritt frei.

Kirchenpräsident Volker Jung zum Jubiläum

Darauf, dass es bei einem Jubiläum nicht nur um eine Rückschau gehen kann, macht Hessen-Nassaus amtierender Kirchenpräsident Volker Jung aufmerksam. Seiner Ansicht nach hat das besondere „Miteinander und auch das Ringen verschiedener Positionen“ den Weg der EKHN seit 1947 geprägt. Außenstehende beschrieben Hessen-Nassau dann auch schon gerne einmal als „ein wenig chaotisch“, meint Jung.

Dialogoffene Kirche

Diejenigen aber, die mit der EKHN gut vertraut seien, schätzten ihre „Liberalität und Dialogoffenheit“, so Jung weiter. Das habe sich beispielsweise in ihrer weltweiten ökumenischen Orientierung, in ihrem Eintreten für den jüdisch-christlichen und interreligiösen Dialog sowie in ihrem gesellschaftspolitischen Engagement etwa für gleichgeschlechtliche Menschen gezeigt.

Kraftvoll in die Zukunft

Und heute? Gesellschaftliche Trends wie die Abnahme der Mitglieder sind nach Worten Jungs „nicht so leicht veränderbar“. Er sehe dennoch hoffnungsvoll in die Zukunft. Jung: „Wir müssen manches anders machen und organisieren, aber wir werden weiter viel gestalten können.“ Denn: „Die EKHN hat in den vergangenen 75 Jahren aus der Kraft des Evangeliums gelebt. Und sie wird dies weiter tun.“

Hintergrund Hessen-Nassau

Tatsächlich war die EKHN beispielsweise immer eine Impulsgeberin, wenn es darum ging, auf Herausforderungen der Zeit zu reagieren. Als erste Kirche in Deutschland nannte sie beispielsweise 1972 einen „Dritte-Welt-Laden“ ihr Eigen, forderte 1986 als erste christliche Glaubensgemeinschaft eine offene Debatte über das Thema Homosexualität ein und eröffnete 2004 die erste kirchliche Ehrenamtsakademie in Deutschland. 

Treffen in der Wetterau

Die weitere Zukunft Hessen-Nassaus war am 30. September 1947 indes noch nicht abzusehen. In den Nachkriegswirren trafen an diesem Datum evangelische Delegierte aus den Regionen Hessen, Nassau und Frankfurt zu einem „Landeskirchentag“ in Friedberg. Die Stadt in der Wetterau lag zentral, war vom Krieg weitgehend verschont geblieben und hatte genug zu Essen für die Gäste parat. Es entstand dort die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau.

Gründung aus Ernüchterung

Die Besonderheit Hessen-Nassaus seit 75 Jahren: Nach den ernüchternden Erfahrungen unter der Nazi-Herrschaft sollte kein Bischof mehr alleine die Leitung übernehmen. Stattdessen sollte ein Kirchenpräsident gemeinsam mit anderen im Geiste eines „kollektiven Bischofsamts“ Entscheidungen treffen und so leichtsinnige Alleingänge vermeiden helfen. Erster Kirchenpräsident wurde dann der NS-Widerstandskämpfer, U-Boot-Kommandeur und spätere Pazifist Martin Niemöller.

Hessen-Nassau heute

Heute hat die hessen-nassauische Kirche über 1,4 Millionen Mitglieder. Sie erstreckt sich von Biedenkopf im Norden über das Rhein-Main-Gebiet bis Neckarsteinach im Süden. Die EKHN umfasst auch Teile von Rheinland-Pfalz entlang des Rheins wie etwa die Regionen um Mainz und Worms sowie Montabaur.

Internet:
www.ekhn.de/75Jahre
Hashtag: #EKHN75

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