Einheit und Vielfalt
Jung: „Kirche sollte nicht neidisch auf Fußball schauen“
roibu/istockphoto.comFußballspiel vor dem Eiffelturm während der Fußball-EM 201606.07.2016 red Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
EKHNKirchenpräsident Volker JungIn der Evangelischen Stadtakademie Wiesbaden hat der Kirchenpräsident Volker Jung über das Thema „Einheit und Vielfalt – Was hält unsere Gesellschaft zusammen?“ geredet. Es sei der Werbeslogan einer großen Brauerei, der es auf den Punkt bringe: „Wenn 80 Millionen zu einem Team werden“, heißt es da. Für Volker Jung, Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, ist es derzeit der Fußball, der die stärksten Symbolbilder für Gemeinschaft schafft: Es ist diese einende Kraft, findet Jung, die dem Fußball in Zeiten großer Turniere immer wieder gelingt – und das bei einer Nationalmannschaft, die wie kaum eine andere für kulturelle Vielfalt steht.
Kirche sollte nicht neidisch auf Fußball schauen
Als Kirche, so Jung, sollten wir nicht neidisch auf den Fußball schauen, sondern zeigen, dass es auch im alltäglichen Miteinander gelingt, Einheit zu leben, die durch eine Vielfalt geprägt ist und gerade in ihrer Vielfalt ihre Kraft hat.
Kern seiner vorgetragenen Thesen: „Einheit ist nicht Vereinheitlichung, sondern Akzeptanz bei bleibender Verschiedenheit.“ Diese grundlegende Verhältnisbestimmung von Einheit und Vielfalt versuchte Jung biblisch und kirchengeschichtlich herzuleiten.
„Vielfalt ist anstrengend, aber Vielfalt ist Segen“
Hinter dem Bild des Turmbaus zu Babel stecke Großmachtstreben, das Menschen knechtet und sie in ein Einheitsgefüge zwingt, erklärt der Theologe. Der Turm stehe für einen totalitären Machtanspruch. Die Menschen, die bauen müssen und unter eine Sprache gezwungen werden, sind Deportierte. Die Zerstreuung, so Jung, ist Rettung aus Zwangsherrschaft. Seiner Lesart nach ist klar: „Gott rettet, indem er Vielfalt erhält. Vielfalt ist anstrengend, aber Vielfalt ist Segen.“
Jung sieht weltanschaulich neutralen Staat positiv
Aus Jungs Perspektive ist es sogar noch mehr: „Dass Menschen vielfältig sind, verweist sie aneinander und führt dazu, dass sie sich im anderen selbst besser verstehen.“ Dass das nicht immer einfach ist und nie einfach war, zeigt ein Blick in die Kirchengeschichte: Die innerchristliche Differenzierungsgeschichte war ein langer Weg und alles andere als friedlich. Doch dass man sich heute auf das Leitprinzip „Einheit in versöhnter Verschiedenheit“ verständigt hat, ist eine große Errungenschaft - genauso wie es der säkulare und pluralistische Staat ist: „Dass wir einen weltanschaulich neutralen Staat haben, der positive und negative Religionsfreiheit garantiert, zugleich auf positive Mitwirkung der Religionsgemeinschaften setzt und sich selbst grundlegenden Werten verpflichtet – das ist aus kirchlicher Sicht überhaupt kein Verlust, sondern ein positiver Ertrag einer langen Lerngeschichte.“
Abgrenzung bedeutet nicht Abwertung
Christen können nicht nur zur Einhaltung und zum Einstehen dieser Werte beitragen, sondern auch dazu, dass Menschen ihre religiöse Identität finden. Dass dieses in Abgrenzung zu anderen geschehe, sei klar. Ganz deutlich macht Jung aber: „Abgrenzung bedeutet dabei nicht Abwertung.“
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