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Waldgipfel

Kirchenwald trotzt (noch) dem Klimawandel

Quelle: Winfried KlotzKlosterwaldPfarrer Klotz kümmert sich mit viel Herzblut um den Klosterwald im Odenwald: "Als Stiftung Höchster Klosterfonds ist es uns insgesamt sehr wichtig, einen widerstandsfähigen Wald aufzubauen, der seinen Beitrag zur Stabilisierung des Klimas leisten kann."

Nach dem Dürresommer 2018 sollen 84 Prozent der Bäume in Rheinland-Pfalz krank sein, in Hessen werden in diesem Jahr rund 9.000 ha Kahlflächen entstehen. Über konkrete Hilfsmaßnahmen soll jetzt beim Nationalen Waldgipfel entschieden werden. In welchem Zustand sind die Waldflächen in der EKHN?

Quelle: Winfried KlotzKlosterwaldDer Klosterwald bei Höchst im Odenwald lädt zum Durchatmen ein

Abgestorbene Baumstämme und schütteres Laub an Waldwegen erinnern noch immer an den Dürresommer 2018, dem bundesweit 60 Millionen Bäume zum Opfer gefallen sind. Insgesamt gingen damit 110.000 ha Wald verloren, was laut Angaben der Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner der Fläche von Potsdam und Berlin entspricht. Um über Hilfsmaßnahmen für den Wald zu sprechen, hat sie am 25. September 2019 zum Nationalen Waldgipfel eingeladen. Oberkirchenrat Markus Keller, der das Referat „Liegenschaftsverwaltung und Baurecht“ in der Kirchenverwaltung der EKHN leitet, zeigt sich zuversichtlich: „Einen Waldgipfel finde ich sehr wichtig. Denn durch den eingetretenen Klimawandel brauchen wir neue Strategien, wie wir auch in Zukunft nachhaltig Forstwirtschaft betreiben können. Flächen mit schnellwachsenden Fichten haben keine Zukunft mehr.“  Auch Dr. Maren Heincke, die Referentin für den ländlichen Raum im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN, hegt Hoffnungen: „Die Weichen könnten beim Waldgipfel in Richtung einer naturnahen, standortangepassten und möglichst klimastabilen Waldwirtschaft gestellt werden.“ Dabei erinnert die Agrarwissenschaftlerin an Experten, die zum Teil seit Jahrzehnten über die Auswirkungen des Klimawandels forschen, wie im Fachzentrum Klimawandel und Anpassung Hessen.

Kirchengemeinden und Landeskirche als Waldbesitzer

Waldwirtschaftliche Aspekte gehören zum Berufsalltag des Oberkirchenrates Markus Keller, denn in seiner Abteilung werden die kirchlichen Waldgrundstücke auf dem Gebiet der EKHN registriert. Insgesamt macht der evangelische Kirchenwald rund 1.000 ha aus, wobei die Flächen in Südhessen, im Westerwald sowie in Mittel- und Oberhessen liegen. Meist gehören die Waldgrundstücke evangelischen Kirchengemeinden, teilweise besitzen sie auch nur Anteile. Allerdings sieht dann der Pfarrer im Kirchengemeinde-Wald nicht persönlich nach dem Rechten. Rosemarie Mahlstedt, Sachgebietsleiterin im Referat Liegenschaftsverwaltung, erklärt: „Die meisten kirchlichen Eigentümer sind Mitglied in einer Forstbetriebsgemeinschaft, die dann ein Unternehmen zur Bewirtschaftung des Waldes beauftragt.“ Neben den Kirchengemeinden besitzt auch die EKHN direkt ein eigenes Waldstück: „Der Landeskirche gehört der 95 ha große Würzberger Wald an der Grenze zu Bayern bei Michelstadt“, erklärt Markus Keller. Dieser Wald werde von „Hessen-Forst“ betreut.

Schöpfung bewahren und Erlöse erzielen

Oberkirchenrat Keller erläutert, woran er sich bei seinen Entscheidungen orientiert. Dabei spielt auch sein christlicher Glaube eine Rolle: „Wir handeln möglichst unter dem Aspekt der Bewahrung der Schöpfung.  Deshalb ist unsere strategische Ausrichtung immer geprägt von Nachhaltigkeit – zumal dieser Begriff aus der Forstwirtschaft kommt.“ Das heißt: Es wird nur so viel Holz entnommen, wie auch wieder nachwachsen kann. Die kirchlichen Mitarbeitenden setzten sich dafür ein, den Grundsatz der Bewahrung der Schöpfung mit Wirtschaftlichkeit in Einklang bringen. Markus Keller verdeutlicht: „Wir haben nie Gewinnmaximierung angestrebt.“

Noch keine größeren Schäden in den Kirchen-Wäldern entdeckt

Für die Besitzer geschädigter Wälder sind finanzielle, staatliche Zuschüsse geplant, wie Bundesagrarministerin Klöckner im Vorfeld angedeutet hat. „Akute Hilferufe aus evangelischen Kirchengemeinden, die Wald besitzen, haben uns noch nicht erreicht“, berichtet Rosemarie Mahlstedt aus der Kirchenverwaltung der EKHN. Das bestätigt auch Markus Keller, er räumt aber ein: „Wir haben bis jetzt noch nicht an eine Entschädigung gedacht. Aber manche Schäden könnten sich im Wald erst in den nächsten Jahren zeigen.“ Zudem stehe für den Würzberger Wald die Sitzung mit dem zuständigen Förster noch an, der die Details über den Zustand der Bäume kennt und Ideen für die künftige Planung vorstellen wird.

Robuster kirchlicher Mischwald

Landwirtschaftsministerin Klöckner hatte in der Presse weitere Maßnahmen angekündigt: So solle zunächst das beschädigte Holz entfernt werden und die betroffenen Flächen sollten mit klimaangepassten Mischwäldern aufgeforstet werden. „Ja – wenn mit Steuermitteln aufgeforstet wird, sollte man sich für einen klimastabilen, naturnahen und standortgerechten Mischwald entscheiden.“ Diesen Vorschlag würde Maren Heincke unterstützen.

Auch die EKHN setzt auf Mischwald, wie Oberkirchenrat Keller erläutert: „Unser Würzberger Wald ist ein klassischer Mischwald. An einigen Steilhängen ist die Bewirtschaftung schwierig, deshalb überlassen wir sie sich selbst.“
Auch der 200 ha große Klosterwald bei Höchst, der zehn evangelischen Kirchengemeinden gehört, besteht aus unterschiedlichen Baumarten. Pfarrer i.R. Winfried Klotz, der Vorsitzende der Stiftung „Höchster Klosterfonds“, berichtet: „Wir haben hier im Odenwald einen bunten Mischwald mit Eichen, Fichten, Buchen, Kiefern und Kirschbäumen. Unser Klosterwald sieht nach dem Trockenjahr 2018 noch ganz gut aus.“  

Wirtschaftliche Nutzung: Erlöse für kirchliche Projekte

Ursprünglich war das Kloster Höchst im Odenwald der Eigentümer des  Waldes. Heute profitieren zehn evangelische Kirchengemeinen von dem Verkauf des Holzes. „Über die Finanzspritze freuen sich gerade ärmere Kirchengemeinden. Dadurch können sie Projekte, wie zum  Beispiel ein Kindermusical umsetzen oder sich einen neuen Beamer anschaffen“, erklärt Pfarrer Klotz. Verwaltet wird das Waldstück vom evangelischen Klosterfonds, der die Gewinne an die Gemeinden auszahlt. Die Bewirtschaftung hat der Fonds ebenfalls an „Hessen Forst“ abgegeben. 

Mäßiger Borkenkäferbefall - und neue Baumart bei Wiederaufforstung im Blick

Über den genauen Zustand des Klosterwaldes hat der betreuende Höchster Forstrevierleiter Jürgen Lanz dem Fonds schon jetzt erste Informationen mitgeteilt: „Größere Dürreschäden sind im Moment nicht zu erkennen.“ Doch die Wetterbedingungen der letzten Zeit haben auch hier ihre Spuren hinterlassen: „Der momentane Befall mit Borkenkäfern dürfte sich im Bereich 150 Festmeter bewegen, das Holz wird demnächst aufgearbeitet und gerückt. Aber der Befall  ist zurzeit noch nicht so katastrophal wie in anderen Betrieben und Gebieten.“ Der Förster plant, die frei gewordene Fläche im Herbst mit der Großen Küstentanne zu bepflanzen, um eine schnelle Wiederbewaldung auf dieser Problemfläche zu erreichen. Diese schnellwüchsige Baumart stammt ursprünglich aus dem westlichen Nordamerika und manche amerikanischen Lokalrassen vertragen auch ausgeprägte Sommertrockenheit. Die evangelische Agrarwissenschaftlerin Heincke unterstützt einerseits Wiederaufforstungsprogramme, denn manche Waldflächen haben sehr wichtige Funktionen, beispielsweise als Lärm- oder Sichtschutz, als Frischluftschneise oder Lawinenschutz. Allerdings plädiert sie auch dafür, an manchen Stellen der natürlichen Verjüngung – also der Selbstaussaat der Bäume – eine Chance zu geben. Denn die vorhandenen Baumarten seine meist gut an den Standort angepasst.  Allerdings macht sie auch klar, dass ein angepflanzter oder nachverjüngter Wald weniger unterschiedliche Tier- und Pflanzenarten beherberge als ein Urwald. Urwälder sollten deshalb erhalten werden.  

Komplexität und Klimawandel als Herausforderung

Revierförster  Jörg Hessler hat bereits aufgeforstet. Am Anfang dieses Jahres musste er rund 30.000 Bergahornbäume bei Lich fällen, die von der Rußrindenkrankheit befallen waren. Dem hr-Fernsehen hat Förster Hessler gezeigt, was er auf der gerodeten Fläche gepflanzt hat: Küstentannen, Kiefern und Roteichen. Er hoffte, dass diese Arten besser mit den neuen Klimabedingungen auskommen. Aber die jungen Eichen sind bereits vom Eichenprozessionsspinner befallen. Damit die jungen Bäume in Trockenphasen eine Chance haben, hat er Wasserfässer aufgestellt. Referentin Heincke ahnt: „Ja, bei der Wiederaufforstung ist mit Rückschlägen zu rechnen.“ Das Ökosystem „Wald“ sei höchst komplex, gerade unter sich rasch veränderten klimatischen Bedingungen.

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