Positionspapier
Psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung von Geflüchteten ausbauen
Istock/FatCamera12.01.2021 bj Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Geflüchtete und Menschen mit Migrationshintergrund, die psychisch erkrankt sind, werden in unserem Gesundheitssystem aktuell nicht adäquat versorgt und kommen im Regelsystem vielfach nicht an. Besonders betroffen sind psychisch kranke Menschen, deren Gesundheitsversorgung nach Asylbewerberleistungsgesetz geregelt wird, und Menschen mit Migrationsgeschichte, deren Kenntnisse der deutschen Sprache für eine Behandlung auf Deutsch nicht ausreichend sind.
„Die oftmals durch mangelnde Finanzierung fehlende/ausbleibende Sprachmittlung in der Diagnostik und Versorgung von Menschen mit Migrationshintergrund führt durch Nichterkennung von Erkrankungen und Fehldiagnosen häufig zu vielfach höheren Folgekosten durch ungünstige Krankheitsverläufe und langfristige psychosoziale Beeinträchtigungen… eine fragwürdige Rechnung!“ sagt Dr. Donya Gilan, Leiterin der Transkulturellen Ambulanz der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Mainz.
Die ohnehin vorhandenen Probleme in Prävention und Versorgung werden durch die Auswirkungen der Coronakrise weiter verstärkt und treffen insbesondere die Geflüchteten in den Aufnahme- und Gemein-schaftsunterkünften mit voller Wucht.
„Oftmals hängt der Erfolg einer Weitervermittlung ins Regelsystem vom persönlichen Engagement einzelner Personen ab. Wir benötigen in den Organisationsstrukturen deutlich mehr Klarheit und fest verankerte Ansprechpersonen sowie eine ausreichende Transparenz beim Antragsverfahren im ambulanten Setting“, gibt Ulrich Bestle, Vorstandsmitglied der Landespsychotherapeutenkammer Rheinland-Pfalz zu bedenken.
Die Bemühungen um eine wirksame migrationsgesellschaftliche Öffnung des Gesundheitssystems müssen weiter vorangetrieben und intensiviert werden. Damit das Recht auf Gesundheit, wie es u.a. im UN-Sozialpakt verankert ist, auch von der hier im Fokus stehenden Zielgruppe in Anspruch genommen werden kann, müssen staatliche Gesundheitsleistungen und -einrichtungen verfügbar, zugänglich, annehmbar und von ausreichender Qualität sein. Die Zugänge zum deutschen Gesundheitssystem sind jedoch für die genannten Gruppen nach wie vor prekär und die Zugangsbarrieren mithin für eine effektive psychiatrisch-psychotherapeutische Versorgung groß. Zu deren Überwindung wurden u.a. im Zuge der Aufnahme von Flüchtlingen seit 2015 punktuelle Lösungsansätze entwickelt, jedoch bislang keine systematischen Lösungen gefunden.
Dazu Anke Marzi, Vorsitzende der LIGA Rheinland-Pfalz: „Traumatisierte Schutzsuchende sind in der EU-Aufnahmerichtlinie – gemeinsam mit anderen Gruppen – als besonders vulnerable Personen definiert, denen eine besondere Schutzbedürftigkeit zugesprochen wird. Wie sollen wir den besonderen Bedürfnissen dieser Menschen gerecht werden, wenn wir bislang nicht einmal ihren psychosozialen Versorgungsbedarf strukturiert erheben!?“
Das nunmehr vorgelegte Positionspapier soll einen fachübergreifenden und breiten Austausch über die vorgestellten Forderungen anstoßen und dazu beitragen, gemeinsam konkrete Lösungsansätze zu erarbeiten.
Kontakt:
Koordinierungsstelle für die interkulturelle Öffnung des Gesundheitssystems in Rheinland-Pfalz
Caritasverband Rhein-Mosel-Ahr e.V.
Ludwig-Hillesheim-Str. 3
56626 Andernach
Tel.: 02632/2502-20
Fax: 02632/2502-10
koordinierungsstelle@caritas-andernach.de
www.interkulturell-gesundheit-rlp.de
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