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Appell

Rheinland-Pfalz muss einen Beitrag zur Ausweitung sicherer und legaler Zugangswege leisten!

Weil Menschlichkeit und Solidarität es mehr denn je gebieten, fordern die Diakonie, der Flüchtlingsrat und der Initiativausschuss für Migrationspolitik in Rheinland-Pfalz die Landesregierung auf, einen Beitrag zur Ausweitung sicherer und legaler Zugangswege zu leisten. Das Land müsse zu einem sicheren Hafen für verfolgte und geflüchtete Menschen werden und könne mehr Personen aufnehmen, als es nach dem innerdeutschen Verteilmechanismus der Fall ist.

Weil Menschlichkeit und Solidarität es mehr denn je gebieten:
Rheinland-Pfalz muss einen Beitrag zur Ausweitung sicherer und legaler Zugangswege leisten!

Die chaotischen Bilder vom Flughafen in Kabul im August 2021, als verzweifelte Menschen in Todesangst versuchten, nach der Machtergreifung der Taliban einen der wenigen Plätze in den Evakuierungsfliegern zu ergattern, haben der Welt noch einmal schmerzlich vor Augen geführt, was es ganz dringend braucht: sichere und legale Zugangswege für Menschen in Gefahr. Denn viele der Menschen hätten als ehemalige Ortskräfte deutscher Behörden oder Familienangehörige von Afghan*innen, die bereits seit Jahren in Deutschland leben, längst in Sicherheit sein können - wenn die Visaverfahren bei den deutschen Auslandsvertretungen nicht so restriktiv gehandhabt und nicht teilweise mehrere Jahre dauern würden.

Ein zweiter Ort der Not, an dem der Bedarf nach sicheren und legalen Zugangswegen im vergangenen Jahr besonders deutlich geworden ist, ist die polnisch-belarussische Grenze. Tausende Schutzsuchende u.a. aus Syrien, Irak und Afghanistan harren dort seit Monaten in einer rechtsfreien und weitestgehend von der Öffentlichkeit abgeschnittenen „Sicherheitszone“ aus: gefangen zwischen polnischen und belarussischen Grenzsoldaten und ohne Zugang zu ausreichender Versorgung oder gar zu einem fairen Asylverfahren. Statt ihnen Schutz zu gewähren, antwortet Polen mit dem Bau einer über fünf Meter hohen Abwehrmauer und der weiteren Militarisierung der Außengrenze - mit ausdrücklicher Unterstützung aller EU-Mitgliedsstaaten und damit auch Deutschlands.

Die Fluchtwege über das Meer nach Europa sind die tödlichsten Seerouten der Welt. Die International Organization for Migration schätzt, dass alleine auf der Mittelmeerroute seit 2014 mindestens 23.442 Flüchtlinge ertrunken sind - allein 2021 waren es mindestens 2.048. Aber auch die seit 2020 vermehrt genutzte Atlantikroute von Westafrika zu den Kanaren ist kaum weniger tödlich: 2021 starben oder verschwanden dort 1.176 Flüchtlinge. Und selbst für diejenigen, die es schaffen, europäischen Boden zu erreichen, ist das Leid noch lange nicht zu Ende. Auf sie warten menschenunwürdigste Lebensbedingungen z.B. in den Lagern in Griechenland und entlang der Balkanroute oder gewaltsame Pushbacks, z.B. an der kroatischen Grenze.

All dies könnte verhindert werden, wenn Schutzsuchende nicht auf die gefährlichen Land- und Seerouten angewiesen wären, sondern über sichere und legale Zugangswege direkt aus ihrer Herkunftsregion einreisen könnten. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung enthält Hoffnungsschimmer für die kommende Legislaturperiode. So hat sich die Ampel-Koalition insbesondere darauf verständigt,

  • ein dauerhaftes Bundesaufnahmeprogramm zu schaffen, das zunächst der Aufnahme von Afghan* innen dienen soll;
  • die Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen aus Erstaufnahmestaaten (Resettlement) anhand der vom UNHCR gemeldeten Bedarfe zu verstärken;
  • den Familiennachzug zu erweitern, u.a. indem der Rechtsanspruch für subsidiär Schutzberechtigte wiederhergestellt und der Geschwisternachzug zu unbegleiteten Minderjährigen ermöglicht wird.

Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung muss nunmehr konkretisiert und mit Leben gefüllt werden. Hier sind auch die Bundesländer in der Pflicht.

Weil Menschlichkeit und Solidarität es mehr denn je gebieten erwarten wir von der rheinland-pfälzischen Landesregierung und den demokratischen Fraktionen im Landtag Rheinland-Pfalz:

  • Der Umfang des künftigen Bundesaufnahmeprogramms wird maßgeblich von der Aufnahmebereitschaft der Länder abhängen. Rheinland-Pfalz muss die mehrfach erklärte Bereitschaft zur überquotalen Aufnahme afghanischer Schutzsuchender im Hinblick auf das Bundesprogramm mit einer konkreten Aufnahmezusage unterfüttern.

 Erklären Sie sich dazu bereit, in Rheinland-Pfalz pro Jahr 500 Personen mehr aufzunehmen, als Sie es nach dem innerdeutschen Verteilmechanismus (Königsteiner Schlüssel) eigentlich müssten!

  • Das Resettlement besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge aus Erstaufnahmestaaten leistet einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung lebensgefährlicher Fluchtrouten. Das Resettlement-Kontingent des Bundes speist sich direkt aus der Bereitstellung von Plätzen durch die Bundesländer.

 Sagen Sie dem Bund ein zusätzliches jährliches Resettlement-Kontingent von 500 Plätzen für das Land Rheinland-Pfalz zu!

  • Auch innerhalb Europas gibt es viele Orte der Not: aus Seenot gerettete Personen landen in völlig überfüllten Lagern in Italien, Menschen stranden weiterhin unter menschenunwürdigsten Bedingungen auf den griechischen Inseln, entlang der Balkanroute oder vor der polnischen Grenze.

 Erklären Sie Rheinland-Pfalz zu einem sicheren Hafen für verfolgte und geflüchtete Menschen und setzen Sie sich nachdrücklich dafür ein, dass sich noch mehr Städte und Kommunen in Rheinland-Pfalz zu sicheren Häfen erklären!
 Treten Sie dafür ein, dass der innereuropäische Verteilungsmechanismus für aus Seenot gerettete Menschen wiederaufgenommen wird und erklären Sie die Bereitschaft, jährlich überquotal 200 Personen, die aus Seenot gerettet wurden oder sich innerhalb der EU in anderen Notlagen befinden, in Rheinland-Pfalz aufzunehmen!

  • Viele der Menschen, die die gefährliche Flucht nach Deutschland und Europa wagen, haben hier bereits Familienangehörige. Viele von ihnen gehören zur sogenannten „Kernfamilie“ und haben nach geltender Rechtslage einen Anspruch auf Familiennachzug. Aber: die Verfahren sind kompliziert und dauern oftmals viele Jahre. Wenn sich die Situation vor Ort - wie z.B. im Falle von Afghanistan im August letzten Jahres - zuspitzt, können die Familienangehörigen den Ausgang der Verfahren nicht mehr abwarten und müssen selbst fliehen.

 Wir fordern das zuständige Integrationsministerium dazu auf, die Ausländerbehörden in Rheinland-Pfalz zur Erteilung von Vorabzustimmungen anzuweisen und so einen Beitrag zur Beschleunigung von Familiennachzugsverfahren zu leisten!

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