Menümobile menu

Inklusion

Theaterfestival Mainz - Behinderung spielt keine Rolle

Charlotte MattesDoro Burhop am SchminktischDoro Burhop am Schminktisch

Mainz verwandelt sich in eine Bühne – Schauspieler mit und ohne Behinderung präsentieren dort bis zum 28. September ihre Stücke. Dorothe Burhop ist eine von ihnen. Sie spielt Saxofon und strickt gerne. Am liebsten würde sie als Kellnerin arbeiten.

Bildergalerie

Dorothe Burhop, genannt Doro Max und Doro haben sich am Theater kennengelernt. Das Bremer Blaumeier-Atelier
Charlotte MattesKurz vor dem Auftritt: Doro BurhoppKurz vor dem Auftritt: Doro Burhopp

Die Scheinwerfer erleuchten die Bühne. Mit kirschroten Lippen  und blonden Löckchen steht Dorothe Burhop als Eurydike auf der Bühne. Sie trägt ein buntes Kleid. Dorothe Burhop ist 26 Jahre alt, Schauspielerin und hat Trisomie 21. In der Theatergruppe nennen sie die meisten „Doro“. Beim Bremer Blaumeier-Atelier schauspielern Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam. In Mainz hat die Theatergruppe das Festival mit ihrer Interpretation der griechischen Sage von Orpheus und Eurydike eröffnet. 

„Am liebsten würde ich mit diesem Kerl ein Zimmer haben“

Die blonde Frau wohnt in Walle, einem Vorort von Bremen. Vor kurzem ist sie von zu Hause ausgezogen. Seit dem wohnt sie, wie sie sagt, gemeinsam mit „einer älteren Dame, die schon längst in Rente ist“ in einer betreuten zweier WG, der Lebenshilfe Bremen. „Am liebsten würde ich mit diesem Kerl ein Zimmer haben“, sagt Doro mit einem lauten Lacher und tätschelt ihren Freund Max am Arm. Wenn sie ihn anschaut, strahlen ihre blau-grünen Augen durch die runden Brillengläser. Seit März ist Doro mit ihrem Freund Max zusammen. Sie haben sich bei den Proben für das Stück kennen gelernt. Sie halten Händchen, küssen sich und lachen viel zusammen – sie sind total verliebt. Max spricht jetzt schon von „meiner Frau“, verheiratet sind sie aber noch nicht. 

Begeisterte Besucher kommen nicht wegen der „armen Würmer“

Das „Grenzenlos Kulturfestival“ ist aus Mainz gar nicht mehr weg zu denken. Dieses Jahr findet das Theaterfestival zum 15. Mal statt. Initiator des Festivals ist Andreas Meder. Er ist seit 1997, der Geburtsstunde, dabei. Zum einen möchte Meder ein hochwertiges und spannendes Programm präsentieren. Auf der anderen Seite findet er es wichtig, dass das Festival die Möglichkeit bietet, dass sich Schauspieler mit und ohne geistige Behinderung „auf Augenhöhe begegnen können“. Für Meder ist das Festival ein Beitrag zur inklusiven Gesellschaft. Er weiß, dass die Zuschauer von den Stücken begeistert sind und nicht, weil „die armen Würmer da was zustande bekommen“.

Wie soll sich Doro in Südafrika verständigen ohne Zulu zu können?

Seit ihrer Schulzeit schlägt Doros Herz fürs Schauspielern. Sie hat schon bei vielen Produktionen mitgemacht und war bereits mit Blaumeier in Durbon, in Südafrika. Dort war alles fremd für sie aber Doro kam trotz anfänglicher Sprachunsicherheiten gut zurecht. „Wie sollen wir reden, wenn wir nich’ Zulu können?“ Mit Händen und Füßen hat sie es geschafft, sich zu verständigen. Doros größter Traum ist es einmal eine richtige Hauptrolle zu spielen. Wenn Doro etwas besonders gefällt, lacht sie laut mit einer dunklen Stimme. Tiefe Lachfältchen zeichnen sich um ihre Mundwinkel.

Doro ist super aktiv: Sie spielt Saxofon und strickt gerne

Doro kann nicht nur schauspielern – sie hat viele andere Hobbies. Seit knapp vier Jahren spielt sie Saxofon. Damit sie nicht aus der Übung kommt, hat sie einmal pro Woche Saxofon-Unterricht. Außerdem strickt sie gerne Mützen und Schals. Ihre Unikate verschenkt sie meistens an ihre Mutter oder ihren Vater. Ihre Eltern sieht sie fast jedes Wochenende.

Silber bei Special Olympics geholt

Eine weitere Leidenschaft der 26-jährigen ist Sport. „Besonders gern mache ich Bauchtanz“, sagt sie grinsend. Letztes Jahr hat sie bei den Special Olympics in München die Silbermedaille im Kurzstreckenlauf geholt. Das ist eine anerkannte Sportbewegung für Menschen mit geistiger Behinderung. Sie wird auch 2014 bei den Wettbewerben in Düsseldorf dabei sein, dieses Mal möchte sie aber lieber schwimmen als rennen. Bei allem was sie anpackt entwickelt sie einen starken Ehrgeiz. „Ich will mich weiterentwickeln. Mehr singen und mehr Saxofon spielen.“

Doro verzieht das Gesicht, wenn sie ans Aufstehen denkt

Unter der Woche arbeitet Doro in der Kantine von der Behindertenwerkstatt Martinshof in Bremen. Dort belegt sie Brötchen. Damit sie pünktlich in der Küche steht, muss sie um 6 Uhr aufstehen und frühstücken. Aber das fällt ihr schwer, sie ist kein Morgenmensch: „Ich stehe nicht gerne früh auf.“ In der Zukunft möchte Doro Kellnerin werden. Sie hat schon mal ein Praktikum als Kellnerin gemacht, aber im Moment sei leider nichts frei, wo sie arbeiten könne, erzählt sie.

Zitternde Beine vor dem Auftritt

Der Auftritt von Doro rückt näher. Sie ist immer sehr nervös vor ihren Auftritten. Als sie einmal ein Solo singen musste, war es besonders schlimm: „Ich hatte zitternde Beine und konnte mich kaum noch halten.“ Vor dem Auftritt muss Doro sich noch umziehen und in die Maske. 

Aufwärmen bei Blaumeier heißt, sich in den Mittelpunkt zu tanzen

Vor dem Auftritt wärmt sich die Theatergruppe spielerisch auf. Die Schauspieler stehen in einem großen Kreis. Jeder geht ein Mal in die Mitte des Kreises und schüttelt sich richtig durch oder tanzt mit wilden Bewegungen. „Toitoitoi“ schallt es über die Bühne. Die Schauspieler drücken sich noch ein Mal fest, dann verschwinden sie im Backstagebereich. Es ist dunkel im Kulturzentrum in Mainz, die ersten Zuschauer nehmen Platz. Gleich geht es los.

Auch wenn die Liebesgeschichte von Orpheus und Eurydike sehr traurig ist, entlocken die Schauspieler ihrem Publikum viele Lacher. Die Musiker und Schauspieler begeistern die Zuschauer ganz offensichtlich. Der Auftritt ist ausverkauft.

Festival läuft noch bis 28. September

Noch bis zum 28. September läuft das internationale Theaterfestival in Mainz. Ab dem 26. September präsentieren sechs Paare, die sich erst in Mainz kennen gelernt haben, ihre Projekte. Jedes Paar besteht aus einem behinderten und einem nichtbehinderten Menschen.

good news
In der Serie „good news“ wirft unsere Redaktion einen Blick auf Projekte, die auch außerhalb der evangelischen Kirche umgesetzt werden. Denn wir finden: Es gibt so viele fantastische Aktionen von bisher unbekannten Heldinnen und Helden des Alltags, die die goldene Regel mit Leben füllen. Die goldene Regel sagt: „Behandle andere so, wie du selbst behandelt werden möchtest.“  

Diese Seite:Download PDFDrucken

to top