Ehrenamtsakademie Mainz gibt Handlungsempfehlungen
Wie rechten Parolen beizukommen ist
bsOliver Fassing von der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank09.05.2018 iwit Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
Im Internet, bei Gesprächen in der Bahn oder sogar im engsten Familienkreis – rechte Parolen und diskriminierende Äußerungen breiten sich in der Gesellschaft aus. Die Grenzen dessen, was gesagt werden kann, haben sich deutlich verschoben. Das zeigen nicht zuletzt Erfolge rechter Politiker bei Landtags- und Bundestagswahlen. Doch wie damit umgehen? Schweigen oder widersprechen? Wie tritt man für eine offene Gesellschaft ein? „Ich habe gemerkt, dass ich da manchmal sehr hilflos bin“, gestand eine Frau während eines Workshops, den Oliver Fassing von der Frankfurter Bildungsstätte Anne Frank für die Ehrenamtsakademie im Evangelischen Dekanats Mainz im Haus der Evangeli-schen Kirche abhielt.
Um die Überwindung dieser Unsicherheit und Hilflosigkeit im Umgang mit antisemitischen oder fremdenfeindlichen Verbalattacken ging es an dem Abend. Denn Widerspruch ist nötig, betonte Fas-sing: „Damit ein Raum demokratisch sein kann, müssen diskriminierende Äußerungen tabu sein.“ Wie gefährdet dieser demokratische Raum mittlerweile ist, zeigt die eine oder andere Umfrage. So stimmten beispielsweise bei einer Telefonbefragung knapp 50 Prozent aller Teilnehmer der Aussage zu, dass Sinti und Roma aus Innenstädten verbannt werden sollten. Diskriminierung und Hass auf andere Menschen, so Fassings Schlussfolgerung, ist keine exotische Eigenheit von Randgruppen. „Es ist ein gesamtgesellschaftliches Problem.“
Wer mit demokratie- oder fremdenfeindlichen Parolen konfrontiert wird, sollte als erstes für sich die Situation klären. Ist das Gegenüber ein Freund oder ein Fremder? Wird emotional, sachlich oder normativ argumentiert? Gibt es Verbündete? Das sind einige Fragen, die Zeugen rechter Verbalattacken laut Fassing klären sollten. Auch die eigene Verfassung ist dem Politikwissenschaftler zufolge wichtig. Wer gerade ausgelaugt ist oder sich krank fühlt, sollte sich womöglich zurückhalten.
Eine zweite wichtige Frage, die geklärt werden sollte, ist die nach den Zielen, mit denen man sich in ein Wortgefecht begibt. Naheliegend, aber wenig erfolgversprechend ist es, den Anderen von der eigenen Sichtweise überzeugen zu wollen. „Das hat bisher in den seltensten Fällen funktioniert“, weiß Fassing. Er empfiehlt, mit Nachfragen und Gegenargumentation das Gegenüber zu irritieren und womöglich einen Denkanstoß zu geben. „Das ist ein Ziel, da habe ich viel eher Erfolg“, ist der Mitarbeiter der Bildungsstätte Anne Frank überzeugt. Manchmal könne es auch wichtig sein Haltung und Solidarität mit Angegriffenen zu zeigen. Selbstverständlich dürfe der Selbstschutz nicht vergessen werden.
Fassing gibt noch weitere Handlungsempfehlungen. In brenzligen Situationen sei eine „Entdramati-sierung“ angebracht. Es könne im Gespräch auch nützlich sein, die Argumente des Gegenübers zuzu-spitzen oder einen Perspektivwechsel vorzuschlagen. „Manchmal hilft auch Ironie und Humor“, so Fassing. Das Spektrum ist groß, nur einen Königsweg gebe es leider nicht. „Man muss für sich selber einen Weg finden“, lautet sein Resümee.
Quelle: Brigitte Specht
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30. April 2018
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