Postkartenaktion der Diakonie Hessen
#StarkeMigrationsberatung
14.09.2022 bj Artikel: Download PDF Drucken Teilen Feedback
In der Beratung für erwachsene Zuwandererinnen und Zuwanderer fehlen im kommenden Jahr rund 22 Millionen Euro, wenn es nach den Plänen der Bundesregierung geht. Damit droht jeder vierten Anlaufstelle in diesem Bereich das Aus – obwohl, SPD, Grüne und FDP im Koalitionsvertrag eine „angemessene Förderung“ versprochen hatten.
Mit Blick auf die laufenden Haushaltsberatungen appelliert die Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege (BAGFW) an die Abgeordneten des Deutschen Bundestags, sich für eine starke Migrationsberatung und den Erhalt der bundesweit über 1.370 Migrationsberatungsstellen für erwachsene Zuwanderer (MBE) einzusetzen. In einem breiten Bündnis von Wohlfahrtsorganisationen rief sie am 14. September zu einem Aktionstag unter dem Hashtag #StarkeMigrationsberatung auf. Politikerinnen und Politiker waren eingeladen, sich digital und vor Ort an einem Tag der Offenen Tür über die Arbeit in der Migrationsberatung zu informieren.
BAGFW-Präsident Ulrich Lilie: „Flucht und Vertreibung sind nun einmal Realität. Es wäre ein fatales Signal, jetzt dringend benötigte Gelder zu streichen – nicht nur angesichts des furchtbaren Krieges in der Ukraine mit Millionen Menschen auf der Flucht. Die Mitarbeitenden in der Migrationsberatung übernehmen eine entscheidende Aufgabe bei der Integration von Zuwanderinnen und Zuwanderern. Was die politisch Verantwortlichen bei der Integration wollen, können sie ohne dieses tragfähige Netz einer professionellen Beratung vor Ort in ihren Wahlkreisen nicht umsetzen.“
„Es gleicht einer Rolle rückwärts, wenn zunächst unter großem Aufwand Beratungsstrukturen aufgebaut und anschließend wieder vernichtet werden“, sagt Lilie weiter, „auch würden erst neu gewonnene und gut qualifizierte Fachkräfte verlorengehen, wenn über 300 Anlaufstellen schließen müssten. Kürzungen in dem Bereich stünden im krassen Widerspruch zum Koalitionsvertrag, der mit markigen Worten einen Richtungswechsel in der Einwanderungspolitik ausruft.“
Die Freie Wohlfahrtspflege appelliert an die Parlamentarier, sich für eine flächendeckende professionelle und qualitativ hochwertige Migrationsberatung stark zu machen und diese mit den notwendigen Mitteln auszustatten, auch in den Folgejahren.
Hintergrund:
Die MBE ist der zivilgesellschaftliche Partner vor Ort, um die Ziele der Fachkräfteeinwanderung und eines „Spurwechsels“ zu erreichen. Doch die Träger benötigen eine auskömmliche Finanzierung, um steigende Lohn- und Nebenkosten für Miete und Energie abzufedern, die Digitalisierung in der Beratungsarbeit voranzutreiben, die Zugänglichkeit mithilfe von Dolmetschleistungen und soziale Gruppenangebote zu gewährleisten. Die MBE und ihr Beratungsnetz stellen ein Modell öffentlich-zivilgesellschaftlicher Partnerschaft dar und sind ein strukturelles Rückgrat der Einwanderungsgesellschaft.
Vielen zugewanderten Menschen gelingen die Erwerbsintegration, die Kitaplatzsuche, das Hineinwachsen in eine ehrenamtliche Tätigkeit und viele andere Herausforderungen der Zuwanderung nur mit professioneller Unterstützung durch MBE-Beratende. Die MBE helfen an ihren Standorten in Stadt und Land, soziale Konflikte an der Wurzel zu bearbeiten.
Die Ampelkoalition beabsichtigt im Koalitionsvertrag 2021 einen integrationspolitischen „Paradigmenwechsel". Laut Koalitionsvertrag „braucht Deutschland mehr Arbeitskräfteeinwanderung.“ Im Haushaltsplanentwurf für 2023 sind für die MBE 57,5 Millionen Euro vorgesehen. Erst im Mai hatte der Bundestag die Gelder infolge des Ukraine-Kriegs auf 79,2 Millionen aufgestockt.
Die Migrationsberatung für erwachsene Zuwanderer beriet 2021 280.000 Menschen und ihre Familien, hauptsächlich aus Syrien, Afghanistan, Irak, Bulgarien und der Türkei. Am 1.1.2022 gab es in Deutschland insgesamt 1.369 gemeinnützige Beratungsstellen für erwachsene Zuwanderer.
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