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"damit wir klug werden"

Der Kirchentag 2015 in Stuttgart ist zu Ende

Volker RahmKirchentag 2015Wir kommen wieder! Zum nächsten Kirchentag 2017 in Bewegung: Beginnend in Berlin über Magdeburg, Erfurt, Jena/Weimar, Dessau, Halle und Leipzig nach Wittenberg

Die Sonne brennt, in den Zügen und Bussen drängeln sich hunderte Menschen und nach fünf Tagen ist der Kirchentag schon wieder vorüber. Ihre Begeisterung nehmen die Kirchentagsteilnehmer mit: von der Musik, den Gottesdiensten und den vielen Gesprächen. Und nicht zuletzt von der Gastgeberstadt Stuttgart.

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Der Kirchentag 2015 geht zu Ende. Mit einem großen Festgottesdienst auf den Cannstatter Wasen (10:00-11:30 Uhr, live im ZDF) enden fünf reich gefüllte Tage. Die Veranstalter schätzen, dass mehr als 130.000 Teilnehmer die 2.500 Veranstaltungen an 966 Orten besucht haben. Rund 4.300 ehrenamtliche Helferinnen und Helfer, zum Beispiel die Christlichen Pfadfinder, sorgten dafür, dass alles reibungslos klappte.

„damit wir klug werden“ war das Motto auf dem Stuttgarter Kirchentag. Aktionsbündnisse, Verbände und Kirchen informierten über ihre Arbeit und ließen sich auf Diskussionen mit den Teilnehmern ein. Das hatte schon Bundespräsident Gauck in seinem Grußwort am Eröffnungsgottesdienst angeregt. Wer während des Kirchentags an einer oder mehreren Stellen „klug geworden“ ist, soll nun nach Wunsch der Veranstalter auch nach Ende des Kirchentags weiter nach Einsichten in die Welt und Gott fragen und andere mit auf den Weg nehmen. 

Ein Kirchentagspräsident aus der EKHN

Andreas Barner aus dem rheinhessischen Ingelheim war Kirchentagspräsident in Stuttgart. Der Presse sagte Barner am Samstag, dass zwei Themenbereiche ihn besonders bereichert haben: zunächst der Umstand, dass noch nie ein Kirchentag stattgefunden habe, der sich so mit Terrorismus, Krieg und Vertreibung ganzer Völker auseinander gesetzt habe. Der Kirchentag habe mit seinen Resolutionen eine starke Stimme gefunden, die in der Welt gehört werden solle.

Zum anderen sei laut Barner bei dem Thema „Innovation“ eine „neue Nachdenklichkeit“ entstanden, die Digitalisierung, Globalisierung und Marktwirtschaft kritisch bedenke und sich von Fachleuten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft beraten lasse. So sagte Kofi Annan, der ehemalige UN-Generalsekretär, dass die Gabe der Weisheit angesichts einer veränderten Weltlage mehr denn je benötigt werde. Er appelliert an Deutschland, sich für ein internationales Abkommen auf der nächsten UN-Klimakonferenz stark zu machen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach zum Thema „Voraussetzungen wirtschaftlichen Wachstums“ auch über die Notwendigkeit von Vernetzung und neue Medien.

Verantwortung der G7-Staaten und jedes Einzelnen für menschenwürdiges Leben

Der EKD-Ratsvorsitzende und bayerische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm macht deutlich: trotz aller Impulse, die vom Kirchentag ausgehen, können nicht alle drängenden Fragen hier entschieden werden. Er verweist auf die Verantwortung der G7-Staaten, die sich nur wenige hundert Kilometer entfernt treffen. Einige der Themen des G7-Gipfels seien aber dieselben wie auf dem Kirchentag: Erderwärmung, Gerechtigkeit, Kampf gegen den Welthunger. „Wir Christen können nicht anders, als uns für die stark zu machen, die zu schwach sind, um sich selbst zu helfen. Wir setzen uns für menschenwürdiges Leben ein – überall auf dieser Erde.“ Auch Außenminister Frank-Walter Steinmeier fand deutliche Worte: Gerade aus christlicher Sicht dürfe man nicht wegsehen, sondern trage im Gegenteil gleichermaßen Verantwortung für sein Handeln wie für sein Nichthandeln. Und Generalsekretär Kofi Annan erläuterte: Solidarität beginne „bei dir und bei mir“. In einer globalisierten Welt säßen „alle in einem Boot“. Alle haben gleichermaßen die Verantwortung für Frieden und Gerechtigkeit. „Ich verlasse mich auf Sie.“
Passend dazu kommt die Kollekte des Abschlussgottesdienstes denjenigen zugute, die syrische Flüchtlinge aufnehmen, meist in den Nachbarländern Jordanien, Irak, Libanon und der Türkei.

Die EKHN auf dem Kirchentag

Wie alle deutschen evangelischen Landeskirchen zeigte auch die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN), mit welchen Themen sie sich 2015 beschäftigt. Kirchenpräsident Volker Jung nahm an zahlreichen Diskussionen zu politischen Themen teil: Wie viel demokratische Mitbestimmung verträgt eine Gesellschaft? Und wie viel Demokratie gibt es eigentlich in der Evangelischen Kirche? Gerade die zweite Frage führt zu einer langen Geschichte antidemokratischer Strömungen, die immer noch bekämpft werden müssten. Erst dann könne Kirche sich selbst als „zivilgesellschaftliche Akteurin unter anderen“ präsentieren.

Des Weiteren äußere sich der Kirchenpräsident zum Thema „Gender“. Die EKHN wendet sich gegen die Diskriminierung von Menschen, die wegen ihrer geschlechtlichen Orientierung gesellschaftlich ausgeschlossen werden. Jung plädiert dafür, die Gender-Debatte „zu entideologisieren“. Wer hat Angst vor Gender? Die EKHN auf jeden Fall nicht.

Jung war auch dabei, als Bundesfamilienministerin Manuela Schwesig auf dem Kirchentag forderte, gleichgeschlechtlichen Paaren ebenfalls das Recht zu geben zu heiraten. So hatten die Iren es vor wenigen Wochen in einem Referendum ermöglicht. Die Diskutierenden, darunter auch Ex-Verfassungsrichter Paul Kirchhoff, waren sich einig, dass gleichzeitig aber auch etwas für klassische Familien und Kinder getan werden müsse. Sie mahnten an, vor allem die Erziehungszeiten von Müttern bei der Rente anzurechnen.

Engagierte Hessen und Rheinland-Pfälzer

Zahlreiche Initiativen aus der EKHN präsentierten ihre Arbeit. Darunter auch ein Aktionsbündnis gegen Verkehrslärm aus Mainz, das auf dem „Markt der Möglichkeiten“ sein Engagement für ein Leben ohne Lärm vorstellt. Währenddessen erspielte sich das Pfarrerteam der EKHN am Samstag im Rahmen der „German Popen Open“ einen gefeierten dritten Platz. Spielerisch unbesiegt und im ganzen Turnier ohne Gegentor war es ein Elfmeterschießen gegen Ungarn, das die Finalträume der Hessen-Nassauer beendete.

Pfarrer Rasmus Bertram aus Frankfurt stellte vor, wie Online-Gottesdienste interaktiv werden können. „Bitte das Handy einschalten“ war das Motto des Abends. Nicht als Ersatz des klassischen Gottesdienstes sei Gottesdienst 3.0 gedacht, sondern als Ergänzung.

Das Medienteam der EKHN auf dem Kirchentag

Teilnehmer interviewen, bei Pressekonferenzen mitschreiben und Videos von Veranstaltungen drehen. Das waren drei von vielen Aufgaben, denen sich die Journalisten stellten, die vom Kirchentag berichteten. Auch vom Medienhaus der EKHN in Frankfurt war ein Team vor Ort. So entstand das Programm für HeavenraDIO. Der Internetradiosender informierte die Kirchentagsteilnehmer über die wichtigsten Themen und fasste zusammen, was die prominenten Gäste aus Politik, Wissenschaft und Kirche zu sagen hatten. Die saßen nämlich meist auf dem "roten Sofa", das die Arbeitsgemeinschaft Evangelischer Rundfunk (aer) installiert hatte.

Ausblick: Der nächste Kirchentag

2017 findet der Abschlussgottesdienst des Kirchentages erstmals nicht dort statt, wo der Kirchentag begonnen hat. Zum 500-Jahre-Jubiläum der Reformation in Wittenberg feiern die Gäste des nächsten Kirchentags den Abschlussgottesdienst in Wittenberg. Dort, wo alles begonnen hat. Kirchentagspräsidentin wird die Schweizer Theologin Christina Aus der Au sein. Sie übernimmt ihr Amt mit Ende des Stuttgarter Kirchentages. "Reformation war und ist in Bewegung. Evangelisch, ökumenisch, europäisch, weltweit, säkular, kirchlich und 'kirchentauglich'." Diese Bewegung wird der Kirchentag 2017 aufnehmen und ein wandernder Kirchentag werden. Beginnend in Berlin über Magdeburg, Erfurt, Jena/Weimar, Dessau, Halle und Leipzig nach Wittenberg. Was sie sich vom nächsten Kirchentag erwartet: "Menschen, die ihren Glauben und ihre Kirchen und auch ihre Welt nicht 'denen da oben' überlassen, sondern die sich engagieren, partizipieren und ihre christlichen Überzeugungen einbringen. Das ist Kirchentag."

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