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„Deshalb bin ich Protestant“

Filmemacher Nico Hofmann von der Rolle der Kirche überzeugt

Roger TöpelmannBlick in die Wiesbadener LutherkircheWiesbadener Lutherkirche

Das Echo auf den Festvortrag von Filmemacher Nico Hofmann (Potsdam) ließ sich als enthusiastisch bezeichnen. Zum Reformationstag in der Wiesbadner Lutherkirche zog der bekannte Regisseur die etwa 900 Zuhörer völlig in seinen Bann.

Dabei hatte der 1959 in Heidelberg geborene und in Mannheim aufgewachsene Redner zuerst die Predigt des Kirchenpräsidenten Dr. Volker Jung gelobt  und gesagt, eine solche Kanzelrede könne man nur in einer evangelischen Kirche hören und wörtlich hinzugefügt: „Deshalb bin ich Protestant“. 

Martin Luther und deutsche Identität

Martin Luther, über den Hofmann zum Reformationsjubiläum 2017 einen Film  drehen will, habe ihn schon in jungen Jahren fasziniert, seine Bibelübersetzung ihn schon als Siebenjähriger beeindruckt. „Es ging Luther um die Wahrhaftigkeit der Überlieferung“, so Hofmann. Zur deutschen Identität habe der Reformator nach seiner Überzeugung entscheidend beigetragen. „Luther ist ein großer Mann – ich bin ein kleiner Mann des deutschen Fernsehens“, gab der in Mannheim aufgewachsene Redner  sich sehr bescheiden. In seiner Familie sei das Christentum aktiv gelebt worden, nicht nur durch sonntägliche Gottesdienstbesuche, sondern durch das Singen von Kirchenliedern wie „Geh‘ aus mein Herz und suche Freud‘. Die Mutter habe das meiste auswendig gekonnt. Dabei habe die Familie tiefe Krisen durchgemacht. Als die Scheidung der Eltern unausweichlich geworden sei und der Vater fortgezogen, sei die Mutter in die Kirche gegangen und habe dort das Wort gehört: „Und Gott segnete die Trümmer“.  

Medienkritik

Im seinem Vortrag „Deutsche Geschichte – deutsche Identität. Zur Rolle der Medien bei der Suche nach einer neuen Wahrhaftigkeit“ setze sich Hofmann kritisch mit den Print- und Elektronikmedien auseinander. Die traditionellen Medien sind ihm durch seine die Arbeit beim Mannheimer Morgen vertraut. Mittlerweile ist das Tempo der Informationsübermittlung und der aktuellen Produktionszwänge allerdings extrem gewachsen. „Heute ist die Schnelllebigkeit das Maß der Dinge“, sagte er zum Internet. 

Bei der Suche nach Wahrhaftigkeit im Umgang mit der Geschichte müssten verdrängte Erlebnisse in Erinnerung gerufen werden. Oft sei das schmerzlich. Sein alt gewordener Vater habe unter Tränen bekannt, dass er im Krieg als Soldat getötet hat. Der Dreiteiler „Unsere Mütter, unsere Väter“, der Anfang des Jahres im Fernsehen gezeigt worden war, habe in vielen deutschen Familien einen Bann gebrochen. Er sei so etwas wie eine „Geschichte der deutschen Albträume“. In Polen habe er eine Debatte über Antisemitismus und die Rolle des Widerstands gegen die Deutschen ausgelöst. Wahrhaftigkeit besitze eine religiöse Dimension, die die Frage nach der Schuld einschließe.

Kirchenpräsident Volker Jung: Mehr Demut ist nötig 

Der Kirchenpräsident der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau, Dr. Volker Jung,  hat in seiner Predigt bei der Reformationsfeier in Wiesbaden Verantwortliche aus Politik, Kirche und Gesellschaft zu mehr Demut ermahnt. Es sei nötig, dass Menschen ihre Grenzen und ihre Schuld erkennen und dazu stehen. Dies sei der Sinn der biblischen Aufforderung, sich Gott gegenüber demütig zu verhalten. Demut dürfe aber nicht mit Erniedrigung verwechselt werden. Im Gegenteil: Menschen sollten „sich aufrichten, um von Gott immer wieder neu Kraft und Orientierung zu empfangen“, so Jung. Diese Demut sei insbesondere für alle wichtig, denen Macht anvertraut sei „in der Familie, im Unternehmen, in der Wissenschaft, in den Medien, in der Kirche in der Politik“, so Jung.

Flüchtlinge besser schützen 

In seiner Predigt forderte Jung auch, sich stärker für Flüchtlinge einzusetzen. „Es ist für mich unerträglich, wenn wir uns in Europa auf unsere jüdisch-christliche Werteorientierung berufen und gleichzeitig Flüchtlinge zu Tausenden im Mittelmeer ertrinken“, sagte Jung. Die biblischen Überlieferungen riefen dazu auf, Menschen mit Barmherzigkeit und Liebe zu begegnen. Das gelte in besonderer Weise für Schwache und Schutzbedürftige. 

Nach Recht und Gerechtigkeit fragen

Wichtig ist nach Jung auch eine Orientierung an den Geboten Gottes, die für eine gerechte Gesellschaft sorgen sollten. Sie forderten bis heute dazu heraus, immer wieder neu nach Recht und Gerechtigkeit zu fragen. Als Beispiel nannte der Kirchenpräsident die Debatte um die Segnung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften. Seiner Ansicht nach ist es in den Kirchen „ein guter Weg, homosexuellen Menschen den Weg zu öffnen, dass sie verlässlich in eingetragener und gesegneter Partnerschaft miteinander leben können.“  Der Kirchenpräsident hatte Verse aus dem biblischen Buch des Propheten Micha zum Ausgangspunkt seiner Überlegungen gemacht. Darin heißt es unter anderem im sechsten Kapitel: „Es ist dir gesagt, Mensch, was gut ist und was der Herr von dir fordert, nämlich Gottes Wort halten und Liebe üben und demütig sein vor deinem Gott.“

Text nach einer Pressemeldung der EKHN von Volker Rahn und der Öffentlichkeitsarbeit Wiesbaden von Roger Töpelmann

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